Das gruene Zimmer

Tote Hasen und Wildenten auf Jagdmöbeln als Raum-Deko für die häusliche Gemütlichkeit?

Wer kauft sich so was? Gut, einige der Tiere leben ja noch – so wie der Fuchs und die Käuzchen auf den beiden großen Schränken oder der weiße Jägermeister-Hirsch auf der Tür des kleinen Wandschränkchens rechts: Fotorealistisch gemalt, mit Glanzpunkten in den Augen, blicken sie dich an. Wer zum Teufel lässt sich so was anfertigen? Wo kommt das grüne Zimmer her?
Das Geheimnis nahm meine Mutter mit ins Grab. In der Familie kursiert aber die Erzählung, dass es dem Schriftsteller Gerhart Hauptmann gehört haben könnte, dem vierten Deutschen, der den Literatur-Nobelpreis bekam. Doch Vorsicht: Womöglich war das nur ein Ammenmärchen meiner Eltern, die Buchhändler waren und ihrerseits kunstvoll erzählen konnten. Eine andere Geschichte rankt sich um meinen Urgroßvater, der im gemütlichen Unterfranken ein Brauhaus besaß. Das ging in der Weltwirtschaftskrise pleite und Karl Z. fuhr mit seinem schwarzen Oldtimer-Cabrio gegen einen Straßenbaum. Hinterlassen hat uns der Freizeit-Jäger eine ganze Kiste selbstgeschossener Geweihe, mit der wir nichts anfangen können – und vielleicht auch dieses grüne Zimmer. A. Z.

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